Eigentlich war es ein Zufall, der mich bewog, Nachforschungen über das Leben des Düsseldorfer Schützen- und Bürgerwehrchefs Lorenz Cantador nach dessen Flucht im Jahre 1849 anzustellen. Mir war bekannt, dass Cantador in die USA emigrierte und von dort einen Brief an Ferdinand Lassalle geschrieben hatte, in welchem er seine schlechten Verhältnisse schilderte. Dieser Brief galt als sein letztes Lebenszeichen. Was Cantador später in den USA getan hatte, war unbekannt. Selbst sein Todesjahr 1883 galt als umstritten.
Im Frühjahr 1963 sammelte ich Material für einen Artikel über den amerikanischen Bürgerkrieg von 1861-1865. Der Artikel sollte aus Anlass des 100. Jahrestages der Schlacht von Gettysburg (1.-4. Juli 1863) erscheinen.
Bei meinen Studien in der alten Landes- und Staatsbibliothek am Grabbeplatz fand ich ein Buch mit dem Titel: ‘Die Deutschen im amerikanischen Bürgerkrieg’. Der Name des Verfassers war Wilhelm Kaufmann, das Buch war 1911 erschienen. Es bot eine ungeahnte Fülle von Materialien über die bedeutende Rolle, welche deutsche Emigranten als Soldaten auf der Seite der Nordstaaten gespielt hatten. Im Namensregister fand ich auch den Namen Lorenz Cantador. Es wurde aber nur mitgeteilt, dass er im Range eines Oberstleutnants das 27. Pennsylvaniaregiment befehligt hatte.
Mein Interesse war erwacht. Nun wusste man etwas mehr über den verschollenen Düsseldorfer Freiheitskämpfer und die Regimentsnummer bot eine Handhabe für weitere Nachforschungen. Schließlich, so sagte ich mir, müsste es in den USA Unterlagen über das Regiment und auch über seinen Kommandeur geben.
Ich ging zur Buchhandlung Lincke an der Königsallee, wo man die Jahreskataloge mit allen amerikanischen Bücherveröffentlichungen einsehen kann. Unter dem Stichwort ‘Civil War’ fand ich einen Titel, der mir weiterhelfen konnte. Es war ein bibliographisches Verzeichnis von Regimentsgeschichten und Kriegserinnerungen: ‘Regimental Publications and Personal Narratives of the Civil War. A Checklist’. Das Werk hatte mehrere Teile und Teil IV beschäftigte sich mit den Regimentern aus New Jersey und Pennsylvania. Der Name des Herausgebers war Charles Dornbusch. Ich bestellte das Buch und nach einigen Wochen traf es dann auch ein.
Dort war zu lesen, dass das 27. Pennsylvaniaregiment in der ‘History of Pennsylvania Volunteers’ von Samuel Penniman Bates (erschienen von 1869-1871) und in dem 1904 vom Staate Pennsylvania herausgegebenen Sammelband ‘Pennsylvania at Gettysburg’ erwähnt sei.
Ich wandte mich an den auswärtigen Leihverkehr der Landes- und Stadtbibliothek und versuchte, Bates Werk in einer deutschen Bibliothek zu finden, obwohl ich mir, offen gesagt, kaum Hoffnungen machte. Aber nach etwa sechs Wochen erhielt ich Bescheid, dass dieses sechsbändige Werk aus der Göttinger Universitätsbibliothek beschafft worden sei und für mich bereitläge. Ich fand in einem der Bände eine ausführliche Geschichte der 27er. Cantador wurde darin besonders hervorgehoben.
Ich schrieb anhand dieses Materials einen Artikel mit dem Titel ‘Ein verschollener Freiheitskämpfer’. Mein Freund, Peter Baumöller, damals Redakteur der Duisburger Wochenzeitschrift ‘tatsachen’, veröffentlichte dort meinen Artikel Anfang 1964.
Im Sommer 1979 fragte Dr. Hans Stöcker, Redakteur der Monatszeitschrift ‘Das Tor’ des Heimatvereins ‘Düsseldorfer Jonges’ bei mir an und fragte nach meinem Material über Cantador. Er hatte meinen alten Artikel aus den ‘tatsachen’ im Düsseldorfer Stadtarchiv gefunden.
Ich habe in den folgenden Jahren mehrere Artikel über Cantador für ‘Das Tor’ geschrieben und durch Vermittlung des Generalkonsulats der USA in Düsseldorf die Adressen des Nationalarchivs in Washington und des ‘US Armys National Institute of Military History’ (Kriegsgeschichtliches Archiv der US-Army) erhalten. Dort habe ich noch weitere sehr wertvolle Kopien von Dokumenten über Cantadors Zeit in Amerika gefunden. Sie fanden in dem vorliegenden Buch Verwendung.
Winfried Lierenfeld im Mai 2002