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ISBN 14 – Soldat der Freiheit – Vorwort

Es gibt Begegnungen im Leben, die dauerhaft miteinander verbinden. Solche Begegnungen gibt es auch mit der Geschichte, mit Ereignissen oder Personen.
Winfried Lierenfeld ist mit Lorenz Cantador eine solche Verbindung eingegangen. Erstmals 1963, eher zufällig, stieß Lierenfeld auf Cantador und suchte Erkenntnisse und Material für einen Zeitungsartikel. Aus der Arbeit an diesem Zeitungsartikel ist im Laufe der Zeit ein bleibendes Interesse an dem Leben des Düsseldorfer Bürgers geworden. Nachforschungen, weitere Artikel, Anfragen und vieles mehr folgten. Zuletzt reifte Lierenfelds Entschluss, ein Buch über Cantador zu schreiben.

Was faszinierte Winfried Lierenfeld an Cantador? Da ist zunächst sein Wirken in der Revolution von 1848/49. Der Kaufmannssohn wurde zum Kommandeur der Düsseldorfer Bürgerwehr gewählt und befehligte diese in jener Zeit. Unter seiner militärischen, aber vor allem auch seiner politischen Führung wurde die Bürgerwehr zum Motor für die Revolution des rheinischen Bürgertums, der sich auch erstmals Proletarier anschlossen. Nach der Bildung des Parlaments in der Frankfurter Paulskirche und der Konstituierung der Preußischen Nationalversammlung waren die Hoffnungen auf eine demokratische Republik, Meinungsfreiheit, gleiches Wahlrecht und soziale Gerechtigkeit in der Bevölkerung groß. Doch schließlich ertränkte das preußische Militär die Revolution im Blut der Demokraten. Cantador und andere wurden vor Gericht gestellt, viele wanderten in die Gefängnisse oder flohen. Der drohenden Todesstrafe konnte sich Cantador durch Flucht entziehen. Er landete schließlich in den Vereinigten Staaten. Jahre später meldete sich Cantador und mit ihm andere Auswanderer aus Deutschland freiwillig zur Armee der Nordstaaten. Alle Menschen sind gleich und mit „unveräußerlichen Rechten ausgestattet“, dazu gehören „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“, für diese Forderungen aus der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776(1) standen Cantador und andere Auswanderer erneut mit ihrem Leben ein. Sklaverei, eine tiefe wirtschaftliche und soziale Spaltung führten zum Sezessionskrieg (Amerikanischer Bürgerkrieg) von 1861 bis 1865. Cantador kämpfte auf Seiten der Union für die Ideale von Freiheit und Gleichheit.

Es gehört zu den Bitternissen der Geschichte, dass Cantadors Einsatz zu Lebzeiten kaum Anerkennung gefunden hat. Vereinsamt und verarmt starb Cantador 1883 in New York. Es liegt an Menschen wie Winfried Lierenfeld, dass Cantador auch 126 Jahren nach seinem Tod nicht vergessen ist.

Geschichte kann man nicht ändern, aber sie kennenlernen, interpretieren und aus ihr lernen. Die Kämpfe, die Cantador und viele andere, inspiriert von den Idealen der französischen Revolution, geführt haben, sind heute noch aktuell. Sie lassen uns fragen, ist dieses Streben heute verwirklicht, oder gibt es nicht doch noch viel zu tun? Ist das Streben nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nicht ein stetiger Prozess, für den es aktiv zu sein gilt?

Sein Wunsch zu diesem Buch konnte erst jetzt, 4 Jahre nach dem Tod von Winfried Lierenfeld, verwirklicht werden. Um so mehr ist es für uns und die beteiligten Unterstützer eine Verpflichtung geblieben, die Arbeit zu veröffentlichen. Wir haben dabei nichts am Text verändert. Winfried Lierenfeld hatte noch die jetzige Fassung durchgesehen und korrigiert. Beibehalten haben wir auch den typischen, etwas veralteten Sprachstil.

Zu danken ist allen, die einen Beitrag zum Erscheinen dieses Buches geleistet
haben: Der Stadt Düsseldorf, der Düsseldorfer Gesellschaft für Rechtsgeschichte, hier speziell Dr. jur. utr. Herman Lohausen sowie Herrn Stefan Enders und vor allem Winfried Lierenfeld.

Wir wünschen dem Buch, dass es auf eine interessierte Öffentlichkeit stößt und auch zukünftig Menschen dazu anregt, sich mit Persönlichkeiten wie Lorenz Cantador zu beschäftigen. Geschichte wiederholt sich nicht, aber aus ihr zu lernen und mit ihr eine menschliche, friedliche und soziale Zukunft zu gestalten, das sollte Auftrag für uns alle sein.

Günter Gleising

(1) Text der Unabhängigkeitserklärung in: Sautter, Udo: Die Vereinigten Staaten, Tübingen und Basel 2000, S. 148ff

Winfried Lierenfeld
(geb. 1929 in Hilden, gest. 2005 in Düsseldorf)
Journalist und Archivar bei verschiedenen Zeitungen. Verfolgter in der Zeit des
Kalten Krieges durch das Verbot der KPD. Mitbegründer des Ostermarsches in Hilden. Politisch aktiv in der Friedensbewegung und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes in Düsseldorf. Mitarbeiter an verschiedenen Büchern. Veröffentlichte zahlreiche zeitgeschichtliche Aufsätze und trug in jahrelanger Kleinarbeit Informationen, Unterlagen und Materialien zu Lorenz Contador zusammen. Das Buch zum Leben von Contador, war Winfried Lierenfelds letzte Arbeit.